Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Tobias Rapp in der Echokammer

Anläßlich des Erscheinens einer geschmacklosen "Flüchtlings-Satire" von seiten der Bundespressekonferenz und andererseits der gebetsmühlenartig vorgetragenen Behauptungen, Journalisten würden sich immens um "Reden mit der Bevölkerung" (oder so...) bemühen, aber an den mentalen Barrieren von "Wutbürgern"  scheitern, ist es wohl nun an der Zeit, sich auch generell mal mit dem rüden, oft reflexionsarmen Verhalten deutscher Journalisten und insbesondere auch deren mangelnder interkultureller Sensibilität auseinanderzusetzen. Wie auch mit der oftmals recht pauschal erscheinenden Weigerung, jenseits des eigenen Spartendaseins auch mal öfter inter- bzw. transnationale Zusammenhänge in den Blick zu nehmen. Der Spiegel ist mir persönlich vor allem deswegen in unguter Erinnerung geblieben, weil er zu einem Artikel über Rußland einen Kommentar, der die russische Politik im Nordkaukasus zum Thema hatte, nicht freigeschaltet hat, zu einem Zeitpunkt, in dem im redaktionellen Teil der Völkermord an den Tscherkessen trotz herannahender Olympischer Spiele in Sotschi nicht auch nur ein Mal erwähnt worden war.

Ich gebe mit diesem Blogeintrag eine Interaktion wieder, die ich soeben mit dem Spiegel-Redakteur Tobias Rapp hatte, der mir schon in den Wochen zuvor mit wenig komplexen, schmalspurigen und intellektuell dünnen Statements sowie schnellem eigenem Gekränktsein auf Facebook aufgefallen war.

Die Interaktion vom 1.12.2016 mit Tobias Rapp:







Für weitere Ausführungen dazu, wie die Nichtbearbeitung des blutigen Kaukasuskonflikts von westlicher Seite den rußländischen Extremismusexport angeheizt hat, war Tobias Rapp offenbar bereits zu überfordert gewesen. Wie es der Screenshot nahelegt, hat mich dieser Vertreter der Journalistenzunft blockiert, ohne daß ich ihm auch nur noch den Link zum entsprechenden Online-Lexikoneintrag für den "Profil" ("Profil" hatte u.a. gegen den Journalisten Boris Reitschuster, also einen Kollegen Rapps, gehetzt gehabt) hätte hinterherschicken können. Hier ist er:
https://en.wikipedia.org/wiki/Der_Spiegel-Profil

Mit "kolonialrassistischen Bildern" war, so viel sei noch verraten bzw an offenbar nicht-erwünschtem Wissen dann nachträglich aufgezwungen, gemeint gewesen, daß Nordkaukasier im Spiegel vor allem dann vorkommen, wenn sie Attentate androhen oder begehen und so das europäisch-russische Bild des nordkaukasischen Gewalttäters und Kriminellen befriedigen. So findet man bei Spiegel nach wie vor unkritische Meldungen zum  "Antiterroreinsatz" à la Russe.... Von Kultur und zivilgesellschaftlichem Engagement ist dagegen fast nie die Rede.

Vgl. beispielsweise im Spiegel vom 1.8.2015:
"Russlands Anti-Terror-Kampf im Nordkaukasus war verlustreich und wurde rücksichtslos geführt. In den vergangenen Jahren war es den Sicherheitskräften so aber auch gelungen, die Führungsstrukturen des "Emirats Kaukasus" zu zerschlagen, einer al-Qaida nahe stehenden Terrorgruppe. Im Frühjahr 2014 meldete Moskau den letzten großen Erfolg: den Tod von Terroristenführer Doku Umarow, der sich selbst "Emir des Kaukasus" nannte.
Nun mehren sich Anzeichen, dass der "Islamische Staat" den Platz des "Emirats" einnehmen will. Im Juni rief der IS den Kaukasus öffentlich zu seiner Provinz aus. In Propagandavideos schworen schwerbewaffnete Männer der Organisation öffentlichkeitswirksam die Treue.
Moskau fürchtet, dass kampferprobte IS-Männer aus Syrien und dem Irak in Tschetschenien und anderswo einsickern. Nach Angaben des russischen Sicherheitsrates geben sie sich als russische Touristen aus, die ihre Pässe verloren hätten. Die Kommunistische Partei, zweitstärkste Kraft im Parlament, fordert bereits, ausländischen Kämpfern vorsorglich die Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Im Kampf gegen die Bedrohung durch den IS setzt Moskau - Ukraine-Krise hin, Kalter-Krieg-Rhetorik her - auf Zusammenarbeit mit dem Westen." - Und bla und bla und bla und blablabla.... Daß bzw. ob die russische Regierung selbst bei dieser "Ersetzung" des Kaukasusemirats durch den IS eine gewisse Rolle spielen bzw. gespielt haben könnte und wie wohl extremistische Kämpfer aus dem Nordkaukasus nach Syrien zum IS gelangt sind, soll sich der kommunikationsunwillige Herr Rapp dann bitte auch selbst ergoogeln. Ist ja schließlich sein Job (wobei er allerdings mit seiner Konzentration auf den Musik- und Unterhaltungsbereich herzlich wenig russlandspezifische Expertise mitbringen dürfte...).

Auf Bitten bzw. höfliche Aufforderungen wie diese hier (ich bin mit dem Kommentator nicht bekannt bzw. weiß nicht, welche Person hinter diesem Kürzel steckt) war der Spiegel nicht eingegangen, er schrieb zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts über die Tscherkessen und den vergessenen Völkermord, der im 19. Jahrhundert von Rußland an ihnen begangen wurde:



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In den vorigen Wochen hatte Herr Rapp mich um Belege bzw. Nachweise gebeten (bzw. aufgefordert) gehabt dazu, wie deutsche Medienmacher die russische Politik verharmlost haben, dann aber, wie so oft von Seiten des guten, demokratisch-mittigen Bürgertums praktiziert, bei Lieferung ebensolcher Belege kein weiteres Interesse mehr gezeigt. Man will sich immer wieder lediglich vergewissern, daß Vorwürfe und Kritik NICHT zutreffen. Bei Gegenteiligem schwindet oftmals fast in Sekundenschnelle der Wille zur diskursiven Auseinandersetzung (eine weitere Reaktion Rapps war bis heute ausgeblieben, er hat zwar im gleichen Thread anschließend noch kommentiert, ich war für ihn dann im weiteren aber Luft):





(Verlinkt gewesen war hier mein NEX-Artikel zum diesjährigen Gedenktag der Tscherkessen).